Museum
für historische Wehrtechnik


Sonderausstellungen

2006 - Heeres-Munitionsanstalt Feucht

Daten und Dokumente

Im Mai 1946 brannte die Muna Feucht bei Nürnberg mehrere Tage lang und wurde total verwüstet.
In einer Sonderausstellung zeigte das Museum Daten und Dokumente zur Muna von 1934 bis heute.

1934 wurde mit dem Bau der Munitionsanstalt Nürnberg unter der Vorhabensnummer Z71 in einem Waldstück zwischen Feucht und Moorenbrunn begonnen.

Die Muna war eine von über 300 staatlichen Munitionsanstalten für das Fertigen, Lagern und Versenden von Munition, errichtet in standardisierter Bauweise mit Wohngebiet, Verwaltungsgebiet, Arbeitsgebiet und Munitionslager.

Insgesamt entstanden auf einem Gelände von 224 Hektar über 130 Bauten in den vier Bereichen der Muna, darunter 65 Munitionshäuser in fünf Lagergruppen, fünf Arbeitshäuser, ein Gebäude für Hülsenreinigung, Löthaus, Pechküche, Handmunitionshäuser, Geräteschuppen, Packmittelschuppen, Werkstätten, Garagen, Lokschuppen, 28 km Straßen und 8,5 km Vollspurgeleise. Angeschlossen waren ein Wohnbereich mit sechs Wohnhäusern und ab 1939 mehrere Arbeiterlager.

Die Muna Feucht hatte eine Geräteausstattung für die Fertigung von 10,5 cm Feldhaubitzmunition, d.h. bereits mit Sprengstoff gefüllte Granaten mit Zündladungen und Zündern zu versehen und zu verpacken. Übungsmunition wurde in der Pechküche in der Muna mit Montanwachs gefüllt. Dazu kam die Anfertigung der getrennt verpackten Treibladungen mit Hülse, Treibladungszünder und in Beutel eingenähtes Pulver. Das Nähen der runden Pulverbeutel wurde auch in Heimarbeit vergeben.
Bestellgröße war die sogenannte Kalibereinheit, d.h. die Menge, die in einem geschlossenen Güterwaggon von 15 Tonnen verladen werden konnte. Bei der leichten Feldhaubitze waren dies 702 Granaten mit zugehörigen Treibladungen.

Neben der Feldhaubitzmunition war die Muna Feucht für die Laborierung einiger Sondermunitionstypen vorgesehen: dazu gehörten Granaten und Treibladungen für den 42 cm Gammamörser (auch Dicke Berta genannt), den 35 cm Mörser M1 und gegen Kriegsende für die unter dem Begriff Hochdruckpumpe bekannte „Vergeltungswaffe“ V3.
Wichtigstes Sonderprodukt waren die eigens für einen Angriff auf Gibraltar konzipierten Röchlinggranaten in den Kalibern 21, 34 und 35 cm. Es handelte sich dabei um 3 bis 4 m lange Geschosse, die bis in über 4 m Beton oder 30 m Erde eindringen konnten.

35 cm “Röchlinge” liegen nach dem Brand im Jahre 1946 wüst im Gelände verstreut. Im Hintergrund sind die Reste eines Güterzuges zu erkennen.
Die riesige Lichtung im ehemaligen Hochwald gibt eine Vorstellung von der Wucht der Explosionen.

Nach der Einnahme der Muna am 17.4.1945 sammelten die Amerikaner die u.a. in zahlreichen Munitionszügen vorgefundenen Bestände der Wehrmacht und auch riesige Mengen an Beutemunition in der Muna. Sie wurde in Ammo Collecting Point Feucht umbenannt. Schon bald wurde begonnen, die riesigen Bestände durch Sprengen und Verbrennen zu reduzieren.
Am 4. Mai 1946 leitete ein Brand die Katastrophe ein. Dabei flogen über 50 Gebäude der Muna in die Luft, darunter auch alle Arbeitshäuser und Packmittelschuppen sowie zahlreiche, im Freien gestapelte Munition. Die tiefsten Trichter hinterließ wohl ein Zug mit 300 Sprengköpfen der V2-Rakete, die in die Muna umgelagert worden waren. Die US-Army evakuierte vorsichtshalber noch am Abend des 4. Mai einen großen Teil der Bevölkerung von Feucht, Röthenbach/St.W., Wendelstein, Sorg und Raubersried wegen Gasgefahr. Alle konnten noch um 2 Uhr in derselben Nacht in ihre Wohnungen zurückkehren.
Die Detonationen vor allem der V2-Sprengköpfe richteten in der näheren Umgebung beträchtliche Schäden an den Häusern an. Die u.a. durch die umherfliegenden Munitionsteile entstandenen Brände konnten in der Masse am folgenden Tag gelöscht werden. Insgesamt befanden sich ca. 2000 Mann zur Feuerbekämpfung im Einsatz. Wie durch ein Wunder kam offensichtlich niemand ernstlich zu Schaden.

Die systematischen Räumarbeiten der durch die Brände verwüsteten Muna begannen im Herbst 1946 unter der Leitung der für die Verwertung des Rüstungsmaterials eigens gegründeten „Staatlichen Erfassungs-Gesellschaft für öffenliches Gut m.b.H. (StEG)“.
Die StEG beschäftigte bereits Ende 1946 in ihrem neu angelaufenen Munitionsprogramm über 1600 Angestellte und Arbeiter mit dem Auftrag, bei Stapelmunition aus den Depots und der im Land in Mengen herumliegenden Munition durch Entschärfung und Delaborierung Schrott zu gewinnen.
Mitte 1947 wurden Arbeitstrupps gebildet, die das gesamte Gelände der Muna und sogar noch bis 150 m darüber hinaus mit Hacken und Schaufeln oberflächlich absuchen mussten. Trotz aller Vorsicht waren auch zwei Todesopfer zu beklagen. Die Arbeiter Franz Höhnl (+25.10.1947) und Hans Göselt (+16.12.1947) kamen bei den Aufräumungsarbeiten durch Sprengunfall bzw. Waldbrand ums Leben
.

Zwei Jahre nach dem Brand wurden bei den Aufräumarbeiten in den 1945 zugesprengten Bunkern ca. 18 Tonnen Lostsprühbüchsen entdeckt. Sie waren wenige Wochen vor Kriegsende in der Muna eingelagert worden. Die Sprühbüchsen wurden als sogenannte Gelbringmunition bezeichnet, d.h. mit dem Kampfstoff Lost bzw. Senfgas gefüllte Munition.
Ende 1948 wurden sie von einer Traunreuther Spezialfirma durch Verbrennen unschädlich gemacht
.

Bis zum endgültigen Ende der Arbeiten wurde sicherlich der größte Teil der Muna bis in 30 cm Tiefe untersucht, bei stärkerer Verseuchung mit Munition auch tiefer. Zur Beschleunigung wurde die Sprengung der Restbestände angeordnet. Am 21.8.1947 verkündete der zuständige Landrat von Schwabach, dass täglich jeweils ca. 5 Tonnen Munition gesprengt werden sollen.

Anschließend wurden im April 1948 auf Weisung der Amerikaner auch die noch halbwegs intakten 37 Munitionslagerhäuser bis auf vier gesprengt.

Nach der Währungsreform übernahmen die Süddeutsche Bau- und Sprenggesellschaft und später die Firma Hubertus im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr die Munitionsbeseitigung.
Die Aufräumungsarbeiten nahmen in Feucht aus Personalmangel allerdings nicht den gewünschten raschen Verlauf, denn ein großer Teil der Feuerwerker und der Arbeiter wurde ab etwa 1949 in Nürnberg benötigt. Dort förderte die einsetzende Bautätigkeit eine Unmenge von Bombenblindgängern zutage, die vor allem von den Sprengmeistern Haas, Ziegler und Marx an Ort und Stelle entschärft und zum Vernichten in die Muna gebracht wurden.
Haas und Ziegler kamen bei der Detonation einer Fünf-Zentner-Bombe am 5. Juni 1951 in der Nürnberger Maxfeldstraße ums Leben.

Das Ende der Räumarbeiten in der Muna kam am 31.3.1954, die Zahl der durchschnittlich 100 Feuerwerker und Arbeiter wurde auf ein Räumkommando von 9 Mann reduziert.

Um 1960 machte sich die US-Army Gedanken zur Nutzung „ihres“ Muna-Geländes. Zunächst war von einem Truppenübungsplatz die Rede, gegen den sich die ersten Bürgerproteste formierten. Dann entstanden in den folgenden Jahren ein Treibstofflager im südlichen Bereich des ehemaligen Arbeitsgebietes, ein Munitionslager am Westrand der Muna und im Südwesten über zugeschütteten Trichtern das sogenannte NATO-Lager für Kernwaffensprengköpfe. Im Norden der Muna folgte schließlich die Einrichtung eines Flugplatzes.

Natürlich blieben die Vorgänge um die Muna Feucht bei der Bevölkerung der umliegenden Orte nicht ohne Interesse. Es waren vor allem berechtigte Befürchtungen um die Gesundheit, die immer wieder zu Protestaktionen und zu teils umweltbewahrenden, teils friedensbewegten Kampagnien führten. Auch der Staat blieb schließlich nicht untätig. Vor allem nach Abzug der Amerikaner aus Feucht ab etwa 1992 wurden etliche Untersuchungen zu dem von der Muna ausgehenden Gefahrenpotential unternommen. Dabei steht vor allem die Gefährdung des für die Wasserversorgung von Wendelstein wichtigen Grundwasserstroms im Blickpunkt neuerer Arbeiten.

Trotz der angestrebten Sanierungsarbeiten wird die Muna Feucht wohl noch lange das bleiben, was sie jetzt schon ist: ein geschundener Boden, verseucht mit einer abenteuerlichen Mischung aus Chemikalien aller Art und sicherlich noch einer großen Anzahl von Blindgängern, die trotz der fast neun Jahre langen Absuche und Umgrabung des Geländes unentdeckt geblieben waren.

Der Markt Feucht hat am 19. Februar 2003 ein wohl noch nicht allgemein bekanntes und mit einer Geldstrafe von bis zu 1000,- EUR bewehrtes Betretungsverbot des gesamten umzäunten Munageländes erlassen.

Das Museum sucht Materialien zur Muna Feucht für eine Veröffentlichung.

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